Festplatte am JOYCE ?   -   Festplatte am JOYCE !


Auch bei unserer Joyce macht der technische Fortschritt nicht halt, und es gibt (wieder einmal) neue Hardware: Ein Festplattensystem, das auf den gängigen AT-Bus-Festplatten aus der IBM-Kompatiblen Welt basiert, dadurch flexibel und preiswert ist.

Gut! werden Sie sagen - her damit, 1 Gigabyte kostet in der Welt der Kompatiblen 400,00 DM, das ist genau das, was ich brauche, und auch mit genug Reserven... Doch HALT! Bevor Sie losgehen und kaufen, sollten Sie erst einige Informationen berücksichtigen, über CP/M und die Art und Weise, wie Laufwerke verwaltet werden, über Eigentümlichkeiten von LocoScript, über Sinnvolles und über nicht Machbares.


Grundsätzliches


CP/M und LocoScript verwalten sowohl Disketten als auch Festplatten auf die gleiche Weise: Jeder Massenspeicher wird durch einen Laufwerksbuchstaben gekennzeichnet (beim Joyce sind das A:, M:, sowie evtl. B:). Bei Festplatten (und auch beim Flashdrive) kommt noch ein Laufwerk hinzu: C: (sowie eventuell weitere, siehe später).
Jede Diskette oder Festplatte wird von CP/M und LocoScript in Form von Blöcken verwaltet, mit fortlaufenden Nummern versehen. Jeder Block umfaßt eine bestimmte Anzahl von Records. 1 Record ist 128 Bytes lang und die kleinste Einheit, die CP/M kennt. Im Directory, dem Inhaltsverzeichnis einer Diskette oder Festplatte, stehen die Namen der gespeicherten Files sowie die Nummern der Blöcke, wo es auf Diskette bzw Festplatte zu finden ist. Außerdem steht eine Information über die Benutzergruppe in Form einer Nummer dabei. Ein Directory-Eintrag könnte also so aussehen:

                    (0)SUBMIT COM(3)(4)(5)(6)(7)(8)

Die Null am Anfang bedeutet Gruppe 0, die Zahlen am Ende, daß das File "Submit.COM" in den Blöcken 3 bis 8 auf Diskette oder Festplatte gespeichert ist. Auf einer Diskette ist jeder Block gleich groß, aber wie groß er ist, hängt vom Diskettenformat ab, z.B. ist auf Standard 180KByte- Disketten die Blockgröße 1 kByte, auf 720k-Disketten ist sie 2kByte. Unter der Annahme, daß das File "Submit.COM" auf einer 180k-Diskette gespeichert ist, beträgt seine Größe: 6 Blöcke Umfang 1KByte, d.h. 6 KByte. Wenn ich dieses File auf eine 720 KByte Diskette kopiere und weiterhin annehme, daß ab Block 17 Platz frei ist, wird auf dieser Diskette folgender Eintrag angelegt:

                    (0)SUBMIT COM(17)(18)(19)

Der Eintrag im Directory weist nur noch drei Blöcke auf! Aber das ist ja kein Wunder, da ja jeder Block hier 2KByte Platz auf der Diskette beschreibt. Jeder Directory-Eintrag kann maximal 16 Blöcke verwalten, bei größeren Files sind also mehrere Directory-Einträge nötig, die das CP/M und LocoScript als zusammengehörig erkennen. Die maximale Blockzahl sind ca 65000 (216-1). Bei 1K-Blöcken kann also maximal eine 65000 KByte- Festplatte, d.i. 65 MByte Festplatte verwaltet werden. Erhöhe ich die Blockgröße auf z.B. 8 kByte, können 65000*8Kbyte, also ca. 512 MByte, verwaltet werden. Hat die Festplatte noch mehr Platz, ist er jedenfalls so nicht nutzbar. Erhöhe ich die Blockgröße weiter, wird jedes kleine Progrämmchen mindestens einen Block: 16KByte oder mehr! belegen. Sehr unökonomisch.
Deshalb teilt man die Festplatte in mehrere Teile auf (Partitionen). Den Betriebssystemen CP/M und LocoScript gaukelt man durch geeignete Treiberprogramme vor, daß jede dieser Partitionen ein eigenes Laufwerk wäre! Bei z.B. 3 Partitionen bekommt man dann außer den Laufwerken A:, B:, M: noch C:, D:, und E:, jedes mit eigenem Directory und eigenen Blöcken. Da das Betriebssystem sich beim Beschreiben und Lesen auf die Blocknummern im Directory bezieht, ist es nachträglich nicht mehr möglich, die Blockgröße zu verändern ohne Datenverlust, da dann die Informationen notgedrungen auf einer anderen Stelle auf der Festplatte stehen, als CP/M bzw. LocoScript sie aufgrund der Nummern suchen und lesen.


Übersicht


Aber noch ein anderer Aspekt ist wichtig: Betrachten wir eine 85MByte Festplatte: Auf ihr lassen sich die Informationen von mehr als 100 (!) 720k-Disketten speichern, bei vielleicht 40 Files pro Diskette sind dann 4000 Files auf der Festplatte. Wie lange da wohl ein "DIR" dauert, wenn die Platte voll ist?! Wie ist es, wenn sie ein bestimmtes File suchen, aber den Namen nicht mehr genau wissen? Im schlimmsten Fall huschen 4000 Namen über den Bildschirm! Die Festplatte will also gut strukturiert werden, unter Ausnutzung der Gruppennummern, und durch Partitionierung. Einzelnen Partitionen kann man bestimmte Aufgaben zuweisen, die schon im Namen erkennbar werden (Partitionen können -genauso wie Disketten- benannt werden, z.B. unter LocoScript oder ERGO oder SET), z.B. "Programme", "Locotexte", "Grafiken". Damit lassen sich 16Benutzergruppen 3Partitionen = 48 "Fächer" einrichten, um Files unterzubringen, pro "Fach" also im obigen Beispiel die Files von ca. 2 großen Disketten. Damit ist der Datenwust beherrschbar.


Große Festplatte


Was aber, wenn ich eine 850 MBYTE -Festplatte anschließen will? -- Es geht, keine Frage, aber suchen Sie mal das interessante File von vielleicht 40.000 Directory-Einträgen(!!). Selbst die Einteilung in 10 Partitionen und 6 Benutzergruppen bringt noch etliche Disketten pro "Fach" -- und das schlimmste: LocoMotive Software, von dem die Anpassung des CP/M an den Joyce stammt, unterstützt nur 4 zusätzliche Laufwerke, entsprechend ca. 64 Disketten pro Fach! Mehr Partitionen können nur noch unter großem Aufwand und mit Einschränkungen eingebaut werden. Man sieht: Bei großen Festplatten wird es sehr schnell sehr unübersichtlich - und Hand aufs Herz: Benutzen Sie wirklich 100 aktuelle Disketten ? Oder vielleicht eine viel kleinere Zahl, und den Rest müssen Sie nur ab und an herauskramen? Ich selbst habe schon Horror davor, daß meine 85 Mbyte Festplatte irgendwann voll ist: Dann ist entrümpeln angesagt, und bei einigen Tausend Files wird das dauern... Aber das liegt in der Zukunft und im Moment wiegt der total schnelle Zugriff auf meine Daten und Programme das locker auf.


Datensicherheit


Eine Eigenart von Festplatten ist, daß große Datenmengen ständig "online" im Zugriff liegen. Das heißt aber nicht nur lesbar, sondern auch beschreibbar und löschbar! Ein wildgelaufenes Programm, das im schlimmsten Fall in einem Diskettensystem die aktuelle Diskette "zerstört", also unbrauchbar macht, kann in einem Harddisksystem alle Daten löschen oder unkontrollierbar verändern. Im Gegensatz zu Disketten gibt es für Harddisks keinen Löschsschutz! Um vor Katastrophen gesichert zu sein, ist es unerläßlich, von allen wichtigen Daten regelmäßig Kopien auf Disketten zu machen - und das ist viel wichtiger als von Disketten.

Ein letzter Aspekt: unter Locoscript gibt es den "Dateimanager", jenen Bildschirm, auf dem so übersichtlich Benutzerbereiche und Files dargestellt werden, und bei dem es so bequem ist, mittels Cursortasten ein File zur Bearbeitung auszuwählen. Aber diese Übersicht hätte bei großen Festplatten einen hohen Preis: Um z.B. von Laufwerk A: etwas zu Bearbeiten und dann auf Laufwerk M: zu wandern, müssen erst die Laufwerke B:, C:, D:, ... überquert werden. Bei 850 MByte voll mit Files kann das "mal eben" 15 Minuten dauern! Es ist also nicht sinnvoll, möglichst viel Festplatte "im Zugriff" zu haben, sondern ein vernünftiges Maß, und das beinhaltet, daß unter LocoScript Partitionen mit CP/M-Programmen und -Daten erst gar nicht sichtbar sein sollten (z.B.: Microdesign-Grafiken kann man eh nicht unter LocoScript bearbeiten, eine entsprechende Partition braucht nicht in LocoScript eingebunden werden).


Fazit


Ich will mit diesen Zeilen nicht das Wort gegen eine Festplatte reden, im Gegenteil, ich bin begeistert über Komfort und Geschwindigkeit, muß noch ab und zu eine Diskette suchen und einlegen, ansonsten habe ich alle Daten und Programme im direkten Zugriff, die ich brauche! Aber es zeigt sich, daß in der CP/M-Welt nicht die gigantomanischen Auswüchse der WINDOWS-Welt (dort berechtigt!) nötig sind. Eine 40MByte bis 120MByte-Festplatte wird in der Praxis meist genügen.


Booten


Es gibt einige Festplattensysteme, die ein vollkommen diskettenloses Arbeiten ermöglichen. Selbst der Bootvorgang kann von diesen Festplatten erledigt werden. Ein offensichtlicher Vorteil! Ein Nachteil ist, daß dafür immer spezielle CP/M- und LocoScriptversionen benötigt werden, die ein Booten von Festplatte unterstützen. Kommt eine neue Version von LocoScript heraus, ist man vom Updateservice des Festplattenlieferanten abhängig, ob er die neue LocoScriptversion auch wieder anpaßt. Das IDE-Festplattensystem unterstützt (noch) kein Booten von Festplatte.


IDE-Festplatten


Die für die IDE-Festplatten verwendeten Treiberprogramme sind flexibel konfigurierbar. Bei einer Bestellung werden die gewünschten Eigenschaften berücksichtigt und in den Treiber "eingebaut". Später sind Änderungen nur noch durch ein Löschen der Festplatte zu "erkaufen". Eine benutzereingerichtete Festplatte kann z.B. so aussehen: Festplattengröße 80 MByte, der Benutzer will mit Microdesign arbeiten, außerdem mit einigen CP/M-Programmen. Alle Texte werden mit LocoScript erstellt. Eine Partition wird "LocoText" genannt; Größe: 15 Mbyte, das gibt Platz für ca. 1500 Texte/Briefe. Unter LocoScript soll noch eine kleine Partition mit 5 MByte "LocoMD" bestehen, in die die Texte kommen, die später unter Microdesign weiterverarbeitet werden. Nur diese beiden Partitionen "sieht" LocoScript.
Die dritte Partition soll Microdesign und Bilder aufnehmen. Da Grafik und Schriften relativ viel Platz brauchen, wird dieser Partition "MDGrafik" 55 MByte zugeordnet. Damit sind ca. 250-500 MD3-"Pages" oder entsprechend viele Schriften etc. unterzubringen. Unter Microdesign soll auch auf die Partition "LocoMD" Zugriff bestehen, da ja dort die Texte abgelegt sind, die unter MD3 verwendet werden sollen.
Die vierte Partition "CP/M-Dienst" erhält den restlichen Speicherplatz von 5 MByte, entsprechend einem Platz von 7 720kBYte-Disketten.
In diesem Beispiel sind unter LocoScript nur 2 Partitionen entsprechend einem Viertel der Festplatte zugänglich, unter LocoScript unbenötigte Daten bleiben verborgen. Unter CP/M sind 3 Partitionen zugänglich, inclusive einer, die auch unter LocoScript zugänglich ist, zum Datenaustausch. Die obige Konfiguration ist nur ein Beispiel, alle vorstellbaren Kombinationen sind machbar. Zusätzlich bietet der IDE-Treiber aber immer die Möglichkeit, zu jeder Zeit auch gleichzeitig alle 4 Partitionen zugänglich zu machen!

Zum Schluß noch ein Tip: Bei den zum Anschluß von AT-BUS-Platten benötigten GIDE-Interfaces sind zwei Programme dabei, die helfen, Ordnung zu halten: FATCAT, ein Disketten- und Festplattenverwaltungsprogramm, und ERGO, eine "Benutzeroberfläche", die versucht möglichst viele Dateien gleichzeitig zugänglich zu machen, zum Kopieren, Umbenennen, Verschieben, Anschauen.


Nachrichten


** IDE-Festplatten lassen sich auch intern in den Joyce unterbringen. Nötig dazu ist eine verkleinerte Festplatte, wie sie auch in LAPTOPS und NOTEBOOKS verwendet wird. Außerdem muß das Netzteil im Joyce modifiziert werden. Ein zusätzliches (externes) Netzteil wie bei Standard-IDE- Festplatten ist dann nicht nötig.

** Zur Erinnerung: Das GIDE-Interface ermöglicht den Anschluß von AT-Bus- Platten an den Joyce. Diese Festplatten brauchen dann noch eine Stromversorgung, in der Regel ein (gebrauchtes) Computernetzteil. Zu der Festplatte wird dann ein passender Treiber (Software) erzeugt, der für perfekte Einbindung unter CP/M und LocoScript (ab v2.28) sorgt.

** Es gibt eine neue Version der CP/M Benutzeroberfläche ERGO, die festplattentauglich ist. Es kann kopiert, verschoben, angeschaut, umbenannt und mit Namen versehen werden. Einige Features gehen in der Version 3.0 nicht, z.B. Zurückholen von Dateien, Taschenrechner, einige nur manchmal: Starten von .COM-Dateien.

** Das GIDE-Interface ist (auch nachträglich) mit einer preiswerten Echtzeituhr ausrüstbar, die auch bei ausgeschaltetem Joyce weiterläuft und unter CP/M die aktuelle Zeit zur Verfügung stellt und Datums- und Zeitstempelung ermöglicht.

** CD-ROM: An das GIDE-Interface sollen CD-ROM-Laufwerke (IDE-ATAPI- Standard) angeschlossen werden. Wer hilft beim Software-Erstellen?? (Pascal oder Assembler). Einige Unterlagen sind vorhanden (Standards). Physikalisch / hardwaremäßig muß nichts mehr entwickelt werden.

Reiner Seitz