40 Jahre BasiCode – ein Resumee
BasiCode, zunächst nur als systemübergreifendes Kassettenaufzeichnungsformat, wurde 1981 in den Niederlanden vorgestellt.
1983 erfolgte eine Erweiterung, um Befehle nutzbar zu machen, die auf unterschiedlichen Computern gleiche Funktion, aber verschiedene Namen hatten. Ein paar Jahre nach dem Erscheinen der nächsten nochmals verbesserten Version stießen dann auch die Nutzer des Commodore plus/4 hinzu. Gleich auf der Ausgabe 1 des Diskettenmagazins (Anfang 1991) des Plus/4-Clubs fand BasiCode Erwähnung:
Basicode - inzwischen haben wohl schon die meisten davon gehört.
Der geniale Trick bei diesem Verfahren besteht darin, daß ein Basicprogramm aus zwei Teilen besteht, dem unteren Teil, der bis Zeilennummer 999 reicht, und dem oberen, der ab 1000 beginnt. (…) Basicode bildet die Ebene, auf der viele Computertypen untereinander Daten austauschen können. (…) Das Tolle bei Basicode ist, daß regelmäßig im Radio Programme, Kurse oder Mitteilungen gesendet werden. Diese werden mit einem einfachen Recorder wie Musik mitgeschnitten. Diese Kassette kommt dann in die Datasette 'rein und der Plus/4 (C16) wird mit dem "Bascoder" geladen. Dieser, wenn er gestartet wurde, bringt unseren Compi in die Lage, das File vom Tape zu lesen und es starten zu können. (…) Auf der Rückseite der Diskette ist ein bewährter Bascoder für den Plus/4 (C16) abgesaved, sowie einige Beispiele. (…)
Auf Nummer 8 (Frühjahr 1992) stellte sich ein User-Pärchen vor und erwähnte, dass sie jede Woche BasiCode im Radio empfangen. Doch schon auf der zwölften Club-Info-Diskette (Dezember 1992) mussten sie feststellen, dass BasiCode im Begriff war, in Vergessenheit zu geraten. Hauptgrund war das Fortschreiten der Hardwareentwicklung - die neuen Maschinen mit ihren Möglichkeiten waren viel verlockender als die Einschränkungen, die sich das “Computer-Esperanto“ auferlegen musste, um auch die schwächsten Heimcomputer teilnehmen lassen zu können. Im nachfolgenden Text ist die Rede von zwei Versionen, die in der gleichen Zeit ausgestrahlt wurden – warum das? Wer will noch die ältere Version, wenn es eine neue gibt? BasiCode-2 wurde, außer durch den Rundfunk, durch Tausch von User zu User verbreitet. Doch BasiCode-3 erschien mit Buch und Kassette, man musste Geld ausgeben, um Zugang zu bekommen. Darin sahen die Version-2-Nutzer eine Kommerzialisierung, die sie ablehnten, BasiCode sollte komplett frei bleiben. Daher blieben sie demonstrativ bei ihrer Version und verzichteten bewusst auf Sound, Pixelgrafik und Dateiarbeit; beide Versionen existierten nebeneinander. BASICODE - WIE LANGE NOCH ? Montag den 28. September, abends 21.36 Uhr, Radio 35. Zum letzten Mal die Sendung Scoop. Die allererste Sendung des Programms war am 14. Mai 1969. Die erste Bildzeitung aus dem Radio, die mit Basicode in den Computer eingelesen werden konnte, gab es am 4. Dezember 1985. Insgesamt wurden 528 solche Zeitungen ausgestrahlt. Kein Basicode 2 im Holländischen Rundfunk mehr. Mittwoch den 30. September. Basicode 3. um letzten Mal. Kein Basicode 3 mehr im Holländischen Rundfunk. Also, hier bei uns ist Basicode nur noch ein Stückchen Geschichte. Uns und bestimmt vielen anderen tut das sehr leid. Dabei war es doch eine so schöne Sache, das Esperanto der Computer. Programme, die in jeden Computer eingelesen werden konnten aus dem Rundfunk. Gerade wir Plus/4-Besitzer werden wieder mal getroffen. So wurde zum Beispiel jedes Jahr ein von Chris Baus geschriebenes Steuerprogramm ausgestrahlt. Das einzige Steuerprogramm, das es überhaupt für den Plus/4 gab hier in Holland. Plus/4-User müssen sichs ab jetzt wieder selbst ausrechnen. Und so ergehts auch Usern anderer Homecomputer. Es sind aber auch bestimmt nicht nur die User, die enttäuscht sind. Auch die Leute, die Basicode-Programme geschrieben haben und freiwillig an Sendungen mitgearbeitet haben, sind enttäuscht. Genauso wie viele Leute, die an Technik und Raumfahrt interessiert sind. Denn in der Sendung Scoop wurde immer berichtet über Raumfahrt, Technik, Funk, Audio, Video und zwar in einer Weise, die für jeden verständlich war. Eine gute Sendung. Wieso müssen solche Sendungen eigentlich verschwinden? Um das zu erklären, muß ich erst mal erklären, wie es hier in Rundfunkland zugeht. In Deutschland gibt es ARD und ZDF. Hier gibt es sehr viele Vereine. die Sendezeit im Radio und Fernsehen haben. Man kann Mitglied werden von so einem Verein und bekommt dann wöchentlich ein Magazin vom dem Verein, worin die Funk- und Fernsehprogramme beschrieben werden. Die Sendezeit, die so ein Verein bekommt, ist abhängig von der Zahl der Mitglieder. Dann gibt es auch noch die NOS, eine Stiftung, die vom Staat unterstützt wird, feste Sendezeiten und Gelder zur Verfügung hat und keine Mitglieder hat. (z.B. Nachrichten, Unterrichtssendungen, politische Sendungen usw. werden vom NOS versorgt.) Dann gibt es fünf Holländische Rundfunksender. Die haben alle ihre eigenen Programme. Radio 3 für Popmusik, Radio 4 für klassische Musik, Radio 1 für Nachrichten und Hintergründe, Radio 2 für Unterhaltung und Radio 5 für Kultur, Minderheiten und Politik. Von dieser Programmeinteilung wird nicht abgewichen. Ich hoffe, soweit ist es einigermaßen deutlich. Die beiden Basicode-Programme wurden in Radio 5 ausgestrahlt. Das Basicode3-Programm wurde von TROS (einem Verein) ausgestrahlt. Jetzt hat TROS wöchentlich nur noch drei Stunden Sendezeit, auf Radio 3 ab 1. Oktober. Die Zielgruppe von BasiCode ist klein. Und es geht doch darum, so viele Mitglieder wie möglich zu bekommen und zu behalten. Basicode wird dazu nicht echt einen großen Beitrag liefern. Da tuts ein Programm mit Infos für Haustierbesitzer schon besser. Also, Basicode gestrichen. Das Programm Scoop (Basicode2) wurde vom NOS ausgestrahlt. Das wurde nicht das Opfer von Mangel an Sendezeit, sondern das Opfer von Geldmangel. Die NOS muß mit weniger finanziellen Mitteln mehr Sendezeit füllen. Gerade auf Radio 1 gibt es jetzt mehr Sendezeit für Sport (was mehr Geld kostet) und dafür müssen andere, gute Sendungen weichen. Was dann noch übrig bleiben wird, Sind die populären, billigen Sendungen, also immer mehr Schrott und Einheitswurst. Schade! Noch gibt es in Deutschland Basicode, vorerst bis zum 1. Januar. Aber danach ist auch in Deutschland die Zukunft für Basicode unsicher. Noch werden Basicode-Sendungen von DS-Kultur ausgestrahlt. DS-Kultur soll mit dem RIAS zusammengelegt werden und kein Mensch weiß, was danach kommt. DS-Kultur können wir hier nicht empfangen, aber wenn jemand uns die Sendungen aufnehmen will, gerne. Oder vielleicht kann jemand von Euch mal berichten, wie es in Deutschland mit Basicode weitergeht. Corrie Boin Wie in K64 nachzulesen ist, stieß sogar jemand in Australien auf das Thema, er schätzte es, 1985, als eine Idee ein, “deren Zeit noch kommen wird“. Er stellte fest, dass die meisten Programme in Niederländisch verfasst sind, das war vermutlich ein weiteres Ausbreitungshindernis, Englisch ist nun einmal weiter verbreitet… Jedenfalls reichte er das Material der Netherland CP/M User Group, das er von einem Freund aus dem Vereinigten Königsreich erhalten hatte, nach New Jersey zur Sig/M-Amateur Computer Group weiter, BasiCode erreichte also wenigstens drei Kontinente, doch das Interesse war nicht groß genug, als dass es später auch Version 3 dorthin geschafft hätte. Nicht einmal bis England drang BC-3 vor: ein britischer Teilnehmer eines ZX-Team-Treffens in Mahlerts war jedenfalls sehr verblüfft, als er von mir erfuhr, dass Version 2 inzwischen erweitert worden war. Außer den Niederlanden strahlte auch Großbritannien BasiCode-Sendungen aus und bot Kits mit Kassette und Handbuch zum Versand an. In einer schwedischen Zeitschrift wurde BC-2 einmal vorgestellt, doch weitere Kreise scheint es dort nicht gezogen zu haben. Aus Belgien gibt es Programme (z.B. das auch hier vorgestellte Programm zum Lösen des Rubik’s Cube). Kurze Zeit waren auch WDR, NDR und die Studiowelle Saar dabei und im Otto Maier Verlag Ravensburg erschien ein Buch mit Programmkassette zu BasiCode-2. Doch den nicht unter Konsummangel leidenden Usern war das Thema zu uninteressant, ihnen standen bereits attraktivere Computer und Programme zur Verfügung. Daher gab es lediglich in den Niederlanden ein Buch (ebenfalls mit Kassette) zum inzwischen weiterentwickelten Standard BasiCode-3. Einen großen Schub erhielt BasiCode noch einmal, als der DDR-Rundfunk sich beteiligte, hier wurde zunächst eine Broschüre versendet, im Verlag Technik Berlin erschien später das (ost)deutsche Buch zu BasiCode-3 – nicht mit Kassette, sondern mit Vinyl-Single, eine spätere Auflage sogar mit CD-ROM. Ich selbst war zu dieser Zeit leider noch nicht aktiv dabei. Die Computer waren nicht früh genug gekommen, um sie in der Schulzeit im Unterricht oder in einer Arbeitsgemeinschaft kennenzulernen und ein Heimcomputer (und vor allem Peripherie wie Floppy und RAM!) war zu teuer, um ihn mir privat leisten zu können. Abgesehen von meinem programmierbaren Taschenrechner aus dem Westpaket lernte ich Computer erst in meiner ersten Umschulung kennen; es war genau die Übergangsphase zwischen 5 1/4- und 3 1/2-Zoll-Disketten, die PCs hatten beide Laufwerksgrößen und das Betriebssystem war DOS und noch nicht Windows. Dass “Computerkram“ im Rundfunk gesendet wurde, bekam ich zwar mit, auch waren in der Fernsehzeitung regelmäßig kleine Artikel zu BasiCode. In der Zeit der Wende kam der DDR-Nachbau des Amstrad CPC in den Handel, hier konnte ich endlich zugreifen, nachdem ich mit stählernen Nerven die zweite Preishalbierung abgewartet hatte. Auf der Suche nach Software fand ich in der Bibliothek dieses Völz-Buch mit der Schallplatte. Davon lieh ich mehrere Exemplare aus, schnitt die Programme auf Tonband um und konnte meinen ersten Bascoder zusammenstoppeln (war ein Knacks auf der Platte, gab es keine Chance, dann musste eine andere Platte her, die an dieser Stelle keine Störung hatte). Komfortabel wurde es aber erst noch später, als ich aus zweiter Hand auch die Diskettenausrüstung für den KC compact ergattern konnte. Über den damals noch in Papierform erscheinenden Computer-Flohmarkt fand ich Kontakt zu Nutzern verschiedener Computer, 2001 nahm ich an einem CPC-Treffen in Erlangen teil, bekam Kontakt zum “Rundschlag“ (CPC-Papermag), dem KC-Club und dem WoMo-Team des ZX Spectrum, doch besonders viel Zusammenarbeit entstand mit der JUAG, dem ZX-Team und dem Plus/4-Club. Als Projekte (über das Veröffentlichen der über die Jahre erhaltenen Programme hinaus) plante und realisierte ich die Erweiterung von Bascodern, die noch Norm 2 hatten zu BC-3 (JOYCE, ZX81) oder das Upgrade von 3 auf 3C (C+4, CPC sowie als Beta-Tester für Karsten Schenks AMIGA-Bascoder) und veröffentlichte Internetfunde, die ich teilweise erst übersetzen musste. Um sich für BasiCode zu begeistern, muss man sich damit befassen. Kassettenarbeit ist unhandlich, wenn auch das Speicherungsprotokoll von BasiCode ziemlich zuverlässig ist: durch die ASCII-Verschlüsselung (statt computerspezifischer Token) können etwaige Übertragungsfehler leicht erkannt und meist unproblematisch korrigiert werden. Doch das ist im Grunde Vergangenheit, mittlerweile ist man überhaupt nicht mehr auf das Hantieren mit Tonbandkassetten angewiesen: findige Bastler haben Lösungen geschaffen, um statt der Tapes nicht nur Festplatte, sondern auch Speicherkarten, USB-Sticks oder gar WLAN-Module an den 8-bit-Oldies zu nutzen. Erich vom Plus/4-Club kannte seine Pappenheimer und servierte ihnen die Programme mundgerecht (also Bascoder und eigentliche Programmzeilen bereits zusammengeMERGEt) und sorgte damit sicher auch für eine Verbreitung nach Ungarn, denn dort gab es viele aktive User, die sein Diskettenmagazin abonniert hatten. Ich für mein Teil verbreitete ZX81-BC-Programme ebenfalls startfähig und sorgte auf CPC und PCW für eine (hoffe ich) komfortable Menü-Führung. Aus unterschiedlichen Quellen erhielt ich BasiCode-Programme, zum Beispiel ersteigerte Werner einmal die neun Kassetten der “Stichting Basicode“. Hier war das Einlesen der Programme unumgänglich, um sie in ASCII-Listings umzuformen, doch sonst habe ich das BC-eigene Aufzeichnungsformat eigentlich nur einmal genutzt, nämlich, um ein Musikprogramm vom KC85 auf dem Amstrad CPC nutzbar zu bekommen. Sonst habe auch ich fast nie mit Tonband gearbeitet, seit mir Disketten zur Verfügung standen. Ebenso habe ich mich beharrlich vor jeglichem Maschinencode gedrückt (erforderlich für das Entschlüsseln bzw. Generieren des BC-eigenen Aufzeichnungsformats), wenn es andere Übertragungswege gibt, spart man ohne dieses Speicherplatz und kann dafür größere Programme nutzen – sehr entscheidend zum Beispiel beim ZX81, für den man vielleicht nur eine 16K-RAM-Erweiterung hat. In einem Forumsbeitrag von 2007 schätzte jemand ein, BasiCode hätte ungefähr 15 Jahre davor “einen schrecklichen schrecklichen Tod“ erlitten, aber ganz so schlimm ist es doch nicht. Neue Übertragungswege für die Programme wurden erschlossen, auch die inzwischen hinzugekommenen Emulationsmöglichkeiten eröffneten neue Ansätze. Ein GW-Basic-Emulator für verschiedene Plattformen auf aktuellen Computern wurde geschrieben (2013,
jüngstes Update 2018) und der passende Bascoder dazu – Herz, was willst du mehr? Einfach per Doppelklick gestartet können BC-Listings in emulierter KC85- oder DOS-PC-Umgebung: Nicht einmal mit der manchmal mühsamen Bedienung muss man sich auseinandersetzen, man kann die Programme
einfach im Internet-Browser (2016) testen, den man sowieso ständig benutzt: Vermutlich habe ich das BasiCode-Feld schon ziemlich gründlich “abgegrast“, viele Beiträge werden wohl nicht mehr zustande kommen. Aber man soll nie “nie“ sagen... Ich bin jedenfalls überzeugt, BasiCode wird auch zu seinem 50. Geburtstag noch nicht vergessen sein. Thomas Rademacher, im November 2021
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