Hallo ich bin JOYCiE !
JOYCE Geschichte(n) 

 
Der Flohmarkt-Computer ?  (1990)

Nein, soo weit ist es 1990 noch nicht, obwohl manche Händler ihre Restbestände verramschen. Aber da Software für die Joyce nicht altert und geradezu zeitlos ist, gibt es immer mehr Schnäppchen-Käufe für die JoyclerInnen. Andererseits wird es immer problematischer, die selten gewordenen 3-Zoll-Disketten käuflich zu erwerben. Auf die Frage nach solchen Scheiben entgegnet uns JoyclerInnen immer öfter dann die arrogante Belehrung des Verkaufspersonals: 3-Zoll-Disketten gibt es nicht, sie meinen sicher 3,5-Zoll ! - und dazu ein Grinsen über die ach so doofe KäuferIn. Wer da wohl wirklich doof ist, ist wohl klar!

In der PC-Welt gibt es immer öfters Schreckensmeldungen wegen der ach so schlimmen Viren, glücklich sind dagegen die JoyclerInnen, denn CP/M ist anscheinend für VirencoderInnen uninteressant. Und wenn ein Joyce-Coder wie Dr. Nö z.B. mal aus Jux und Dollerei so ein Dingens zusammenbastelt, um zu sehen, wie das funzt, dann holt er gleich sein Sagrotan aus der Tasche, um die Welt der Joyce vor solchem Ungetier zu schützen. Bravo, Dr. Nö! Womit wieder einmal zur Genüge bewiesen sein dürfte, daß die JoyclerInnen in Sachen Ethik die besseren Menschen sind ...

Trotz der PC-Übermacht werden immer wieder Applikationen auf der Joyce realisiert, z.B. das Programm Hotel von der britischen Softwareschmiede Cavalier. In England ist es ja für eine kleine Pension überhaupt keine Schande, die Joyce für den Alltagskram zu verwenden, aber hierzulande scheint der Computer immer mehr zu einem reinen Statussymbol zu entarten: Was, Du hast noch einen 286-er? hieß es damals ...

Und wieder hat die LocoScript-Familie Zuwachs bekommen: jetzt wird auch in Deutschland mit LocoSpell eine Rechtschreibprüfung angeboten.

Ein Edelbastler und Obertüftler schwingt solange den Lötkolben, bis er doch tatsächlich zwei große Laufwerke zu je 706 KB an der Joyce betreiben kann. Die Lösung ist zwar noch etwas fummelig, aber sie funzt und zeigt, zu welchen Hochleistungen JoyclerInnen fähig sind. Später sollte sich unser Klubmitglied Bernhard Graßhoff dieses Problems annehmen und es souverän meistern ...

Ein weiterer Port auf die Joyce ist zu vermelden: das in der CPC-Welt lang bekannte Mini Office gibt es jetzt auch für die PCWs und natürlich gleich mit größerem Funktionsumfang. Für Anglophobe ist das Teil weniger geeignet, da es nur Englisch versteht und von Umlauten nichts wissen will. Aber ansonsten ist sein Leistungsumfang schon beachtlich.

Für die Umsteiger auf einen PC bietet Wiedmann 8-Bit-Karten und 3-Zoll-Laufwerke für den PC an. Transfersoftware gibt es auch dazu - allerdings zu für Wiedmann so typische Preisen ...

Auf der CeBIT'90 gab es zwar einen Amstrad-Stand, aber dort präsentierte nur Wiedmann einige Teile für die Joyce. Ansonsten wurde dort das neue LocoScript PC vorgestellt. Wer an anderen Ständen nach der Joyce oder CP/M fragte, wurde ungläubig angeschaut - so vergeßlich ist anscheinend die IT-Welt.

Die Wiedervereinigung Deutschlands bringt einen - allerdings sehr kurzen - Aufschwung für die 8-Bit-Szene, und damit auch für die Joyce und CP/M. Letzteres war ja in der DDR viel häufiger im produktiven Einsatz als im Westen, wo z.B. nur noch Siemens seine SPS-Schulungen auf CP/M-Computern durchführte und deshalb schon reichlich belächelt wurde.

Daß es immer weniger CPC- und Joyce-Händler gibt und die Joycies für Industrie und Handel uninteressant geworden sind, muß auch die noch einzig verbliebene Zeitschrift CPC International zur Kenntnis nehmen. Da das Anzeigenvolumen rasant geschwunden ist, stellt die CPC auf eine zweimonatige Erscheinungsweise um. Für CoderInnen ist das eher ein Vorteil, weil der durch die fehlenden Anzeigen frei werdende Platz mit Listings gefüllt wird, so daß die JoyclerInnen weiterhin für die Olympiade der AbtipperInnen trainieren können ...

Es gibt nur noch ein weiteres überregionales Computermagazin: den Computer-Flohmarkt des Thomas Eberle mit seinen CPC- und Joyce-Rubriken. Aber ein Ersatz für die CPC International ist er nicht. Also sind ab jetzt die wenigen Computerclubs ganz besonders gefragt, die Fahne der Joyce hochzuhalten.

Helmut Jungkunz, München, entwickelt sich immer mehr zu dem Guru in Sachen CP/M, rührt er doch ganz eifrig die Werbetrommel für den ZCPR (= Zilog Command Processor Replacement). Dieses Teil ist als RSX konzipiert, und bügelt einige Konzeptschwächen des CP/M aus. Wer allerdings Programme am Laufen hat, die das letzte verfügbare Byte der TPA belegen, hat Pech gehabt, da der ZCPR als RSX-Lösung natürlich einige KB vom Programmspeicher abzwackt. Daneben pflegt(e) Jungkunz noch eine viele MBs starke PD-Sammlung; allein dafür gebührt ihm ein Ehrenplatz in den Annalen der Geschichte des CP/M in Deutschland.

Die CPC International startet eine Leserumfrage, ob diese Zeitschrift (wahrscheinlich aus Kostengründen) künftig ein reines Diskettenmagazin werden soll. Glücklicherweise entscheidet sich die Leserschaft dagegen, so daß die CPC auch das nächste Jahr - wenn auch nur sechsmal erscheint. Diskettenmagazine sind oft genug die Todesahnung für eine Zeitschrift, wie auch der PC Heimwerker des Thomas Eberle gezeigt hat... Aber auch viele Szene- und Klub-Blättchen, die zu einem reinen Diskettenmagazin mutiert waren, verschwanden sehr schnell. Ein Glück, daß sich vor zwei Jahren die MitgliederInnen der Joyce User AG sich weiter für die Klubzeitung auf Papier entschieden hatten!

Die CPC landet wieder einmal einen Knüller, indem sie das recht vielseitige Hardcopy-Programm VARIO veröffentlicht. Mich hat es immer wieder erstaunt, zu welchen programmtechnischen Höchstleistungen die Joyce-CoderInnen fähig sind. Soviel Z80-Programmier-Know-how findet sich selten!

Ein weiterer CPC-Höhepunkt ist ebenfalls die CPC-Veröffentlichung der Joyce Tools, einer menügesteuerten Bedieneroberfläche, die das Jonglieren mit Dateien erheblich erleichtert. Für InsiderInnen steht auch der komplette Quellcode in Turbo Pascal zur Verfügung. Später gibt es noch eine Fortsetzung names ERGO - die Meinungen darüber sind allerdings geteilt ...

>Auch wenn die JoyclerInnen oft als Exoten bestaunt werden, die noch allen Ernstes mit Programmen arbeiten, die allenfalls nur ein paar Dutzend Kilobyte belegen, wird bei den PCs schon die 640 KB Grenze gesprengt, so daß LIMS ( = Lotus-Intel-Microsoft) eingeführt werden mußte.

DangSoft,  Auszug aus der Klubzeitung #54 der JOYCE-User-AG !