Hallo ich bin JOYCIE !
JOYCE Geschichte(n) 

 
JOYCE ist CeBIT-Renner (1986)

Tja, das waren noch Zeiten! Auf der CeBIT'86 stellte Schneider die ‚neue‘ Joyce vor - den PCW 8512, und die Leute standen in Scharen davor. Fred Köster, damals Chef der Schneider Computer Division, strahlte, hatte er doch bislang über 60.000 Joycies verkaufen können. Nicht schlecht für diesen von IBM abgeworbenen Manager... Anders als heute wurde keine JoyclerIn ausgelacht. Dieser PCW verfügte über ein zweites ‚großes‘ Laufwerk mit der damals unglaublichen Kapazität von netto 706 KB und einem Arbeitsspeicher von 512 KB. Ferner gab es die parallele und serielle Schnittstellenerweiterung. 

Damit konnten an die Joyce andere Drucker angeschlossen werden. Aber auch der Verbund der Joyce mit anderen Geräten war jetzt problemlos möglich. Mir sind Fälle bekannt, in denen die Joyce einen sündteueren Laserdrucker von Xerox steuerte und damit eine Siemens-Mainframe ausbootete. 

Die schlimmsten Fehler von LocoScript 1.1 wurden mit der neuen Version 1.2 beseitigt. Endlich konnten die Texte als ASCII-Dateien abgespeichert werden, und der seitenweise Ausdruck war möglich. Nur das Drucken über die Parallelschnittstelle war mit LocoScript immer noch nicht möglich - das sollte noch einige Zeit dauern... 

Softwaremäßig gab es auf der CeBIT auch richtig Neues für die Joyce: So die Tabellenkalkulation Cracker, die die Grafikmöglichkeiten richtig ausnutzen konnte. Auch echte deutsche Programme waren darunter, z.B. der Programmgenerator Prompt und der deutschsprachige C-Compiler MI-C. Leider gab es auch Softwarehäuser, die eilig ihre CPC-Teile auf die Joyce rüberzogen und diese Produkte dann halbfertig anboten, so z.B. das Programmpaket Datei-Star & Star-Mail von der Star Division. Das war schon eine richtige Verarsche (‚Das einzige, was funzt, ist der Kopierschutz‘, so die damalige Szene). 

Da aber die Joyce mit CP/M Plus lief, konnte auf die Fülle der bereits vorhandenen CP/M- Programme zugegriffen werden. Markt & Technik schwelgte geradezu im CP/M-Rausch und verscherbelte die einst so teuren CP/M-Renner wie WordStar, Multiplan, SuperCalc2, dBASE etc. Leute, die Jahre zuvor noch einige Tausender dafür bezahlt hatten, werden sicher mit den Zähnen geknirscht haben. Aber auch die KäuferInnen der ersten (kleinen) Joyce wurden Opfer einer Preissenkungswelle. Die kleine Joyce war jetzt um 700 Mark billiger und zum alten Preis gab es die neue große Joyce. Irgendwie war das ein Vorgriff auf heutige Zeiten. Wer sich z.B. vor einem Jahr einen Pentium-PC gekauft hat und die heutigen Preise für die Pentium-Pros sieht, wird noch lauter knirschen... 

Auch andere Firmen entdeckten die Joyce. So wurden diverse Speichererweiterungen angeboten, und auch externe 3,5- und 5,25-Zoll-Laufwerke waren zu haben. Diese Laufwerke waren wegen der billigeren Disketten langfristig günstiger. Vor allem die Original-CF2DD-Disketten für das B-Laufwerk waren sauteuer - wenn sie überhaupt zu haben waren. Aber bald fanden findige Köpfe heraus, dass die guten CF2-Disketten auch höher formatiert werden konnten. 

Von SchneiderData wurde ein hochwertiger Typenraddrucker offeriert, der über die Parallelschnittstelle betrieben werden konnte. LocoScript-Texte konnten nur auf dem Umweg über ein zusätzliches Programm gedruckt werden; leider war diese Software wieder einmal mit heißer Nadel gestrickt. Aber bald nahmen sich hochgradige Joycler dieses Problems an -  aber dazu später. 

Für die Joyce gibt es die ersten Grafik-Programme: DrGraph für Geschäftsgrafiken, also Balken-, Linien- und Tortendiagramme, und DrDraw - ein Zeichenprogramm. Beide Produkte unterschieden sich vom Rest der Welt dadurch, dass sie bereits 1986 rein vektoriell arbeiteten - das sollte sich erst ein Jahrzehnt später bei den IBM-PCs durchsetzen... Für Elektroniker und Schmalspurarchitekten wurde MICA auf die Joyce portiert - leider ohne Rücksicht auf die Möglichkeiten der Joyce-Tastatur. 

Besonders innovativ zeigten sich die Briten. Bereits 1986 gab es die ersten Muster eines elektronischen Lightpen zu bestaunen, mit dem freihändig Bilder gemalt werden konnten. 

Auch die ersten Spiele wurden auf die Joyce umgesetzt, so das dreidimensionale 3D-Clock Chess, dem bald andere Spiele folgen sollten. 

Die LeserInnen von CPC International und CHIP wählten die Programmiersprache Turbo Pascal zur Anwendungssoftware 1986. Es war schon beeindruckend, welche Software zum Billigtarif zur Verfügung stand. 

Auch die Fachverlage haben die Joyce entdeckt. Es bestand ja auch ein großer Bedarf, da die mitgelieferten Joyce-Handbücher (zumindest in der deutschen Fassung) viele Fragen offen ließen. Auch die c't (Heise-Verlag) schämte sich (noch) nicht, über die Joyce zu berichten: so wurden einige Geheimnisse von Turbo Pascal 3.0 gelüftet, aber es gab auch beinharte Hardware-Tips wie den Anschluss der Grundig-Schreibmaschine Gabriele 9009 als Typenraddrucker und die Belegung des Erweiterungsports und die Verkabelung von externen Laufwerken. Im Dezember 1986 begann Martin Kotulla mit einer vierteiligen Serie ‚GSX ohne Geheimnisse‘, in der endlich GSX entmystifiziert wurde. Damals las ich die c't noch gerne, da sie noch wirklich über viele Computersysteme objektiv berichtete - im Gegensatz   zu heute, wie ja der Skandal mit den Artikeln zu den Acorn-Rechnern zur Genüge bewiesen hat... 

GSX spielt jetzt auf der Joyce eine immer größere Rolle, da einige Programmiersprachen diese Schnittstelle direkt unterstützen, z. B. CBASIC von DR und C und Pascal von Hisoft. DR bietet endlich GSX-Handbücher an - allerdings zu einem horrenden Preis. 

Im Juni 1986 findet in London die 4. ‚Amstrad Computer Show‘ statt. Ganz Großbritannien scheint im Joyce-Fieber zu sein: jeden Monat werden 20.000 Joycies verkauft. 

Es gab bereits 1986 eine Menge neuer Produkte für die Joyce-Fans, z.B. das vom Sinclair Spectrum portierte Datenbanksystem Masterfile III oder die Maus von AMX. Auch das Grafiktablett Grafpad II war für die Joyce zu bestaunen. Hisoft glänzte mit seinem Turbo Basic, das direkt in Maschinencode übersetzt und deshalb 100-mal schneller als interpretierter Code ist. Leider beherrschte dieser Compiler keine Gleitpunktarithmetik. 

Prospero zeigte die Joyce-Versionen von ProPascal und ProFortran, zwei sehr schnellen Compilern für Pascal und Fortran, die - anders als z. B. Microsoft-Fortran - die Vorteile des Z80-Prozessors richtig ausnützen konnten. 

Auch ein CAD-Programm wie Microdraft von Timatic Systems konnte ausprobiert werden. Aber auch an Spielen bastelten die Engländer für die Joyce: CDS stellte das damals spielstärkste Schachprogramm Colossus 4 vor und Rainbird und Level 9 kündigten eine Reihe grafischer Abenteuerspiele speziell für die Joyce an. 

Die ersten Festplatten für die Joyce tauchten auf, z.B. die Amstore von Northern Computers. Hier zeigt sich schon eine gewaltige Schwäche der Firmenpolitik von Schneider: Es dauerte einfach zu lange, bis die britischen Produkte auch in Deutschland angeboten wurden - wenn überhaupt. Findige Händler importierten deshalb selbst, ließen sich dies aber durch saftige Preise bezahlen. Aber auch die deutschen JoyclerInnen kommen nicht zu kurz. Software- Übersichten aus dem Jahr 1986 sind schon mehrere DIN A4 Seiten lang. 

Vor allem ProgrammiererInnen bekommen genügend Stoff, zumal der DMV-Verlag seinen Titel ‚Pascal International‘ und der Vogel-Verlag seine ‚Turbo Pascal‘ Sonderhefte starten (die mindestens bis zum Heft 5 auch für die Joyce geeignet sind). 

Es wurde ja schon vorher gemunkelt, daß Schneider mit der Joyce nicht mehr viel am Hut hat, im Oktober wurde diese Befürchtung bestätigt: der neue IBM-kompatible PC 1512 wird vorgestellt. Wer aber nun meint, daß die JoyclerInnen nun scharenweise auf die PCs umsteigen, sieht sich getäuscht - viele JoyclerInnen beginnen erst jetzt die Geheimnisse und Möglichkeiten auszuloten. Die Preise für die Joycies beginnen zu bröckeln, aber dadurch kommen nur noch mehr Ersteinsteiger zur Joyce - und viele bleiben für lange Zeit. Allerdings hat Amstrad mit seinem Billig-PC die PC-Industrie total verstört, auf der 9. PCW-Show im September in London urteilte David Goldman, Manager von SAGEsoft: The micro business will never be the same! 

Es gibt auch immer wieder neue Produkte für die Joyce, z. B. mit Tasword 8000 eine Alternative zu LocoScript. Ferner gibt es die ersten Systemerweiterungen wie z. B. DISC MATE von Siren oder den ersten Joystick von Cascade Games. Für die Spielernaturen gibt es Batman, Fairlight und Tomahawk und mit Grafpad 3 den Nachfolger, der aber immer noch problematisch ist. 

Zum Jahresausklang gibt es noch ein paar Schmankerl: Werder in Hamburg bietet die erste Festplatte in Deutschland an, die auch wirklich funktioniert, was man ja vom Vortex-Teil WD20 zumindest für die Joyce nicht behaupten kann. 

Die CPC International und die Schwesterzeitschrift Pascal berichten ausführlich über GSX und zwar auch für die BASIC-CoderInnen. Nun steht die Grafikwelt auch den CoderInnen auf der Joyce offen. 

Resümee zum Jahresschluss 1986: Obwohl die IBM-kompatiblen PCs immer billiger werden, hat die Zukunft für die Joycies erst begonnen. 

DangSoft,  Auszug aus der Klubzeitung #50 der JOYCE-User-AG !